Der Alltag und das ethnografische Präsens.

Abstract

Die Verwendung der Präsensform ist als historisches Präsens wie als ethografisches Präsens mehr als nur eine etablierte Technik der Beschreibung. Das Präsens kommt einer Tendenz entgegen, die in den Ethnowissenschaften als Darstellungsproblem bedacht werden muß. Die Benutzung des tempus praesens unterstellt, daß nicht nur in der Beschreibung, sondern auch tatsächlich Geschichte stillgestellt ist. Damit wird durch die Beschreibungsform im Präsens eine Vorstellung von Dauerhaftigkeit konstituiert. Im Präsens scheinen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufgehoben. Das schließt an die seit einiger Zeit begrifflich neu gefaßte Kategorie "Alltag" an. Der Alltag gilt als Summenbegriff der Erfahrung des Selbstverstandlichen. Neben der zeitlichen Ebene, die Dauer suggeriert, werden die beschriebenen sozialen Systeme durch die Benutzung kultureller Kategorien isoliert. Die Systeme (der Dörfer, aber auch von Gruppen) werden wie Inseln im Meer abgebildet . Die Technik der Tempusverwendung verwandelt sich dabei in einen erzählerischen Kunstgriff und verstärkt den Eindruck, die erzählend beschriebenen Systeme seien nicht nur intakt, sondern auch autonom und geschlossen.

How to Cite

Köstlin, K., (1990) “Der Alltag und das ethnografische Präsens.”, Ethnologia Europaea 21(1), 71-85. doi: https://doi.org/10.16995/ee.1283

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Konrad Köstlin (Vienna University)

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