Epochen der deutschen Volkskultur.

Abstract

Die historisch beobachtbare Volkskultur Mitteleuropas ist geprägt durch einen beständigen Wandel. Manche dieser Veränderungsprozesse sind von ihrer Komplexität und Folgenschwere her so bedeutend, daß sie relativ stabilere Zwischenphasen heraustreten lassen. Als transitorische Zeiten erscheinen vor allem das 5./6. Jahrhundert mit dem Seßhaftwerden der Germanenstämme und der Übernahme des römischen Christentums. Von ähnlicher Bedeutung war die Zeit zwischen 1200 und 1350, als die rapide Bevölkerungsvermehrung nicht nur zu intensivem Landausbau, Ostkolonisation und massenhafter Städtegründung führt, sondern auch zu einer Fülle technischer Neuerung in der landwirtschaftlichen und gewerblichen Produktion, so daß man von einer »industriellen« mittelalterlichen Revolution spricht; hinzu kommt eine auffallende soziale Mobilität und ein Umbau der politischen Strukturen. Der nächste umfassende Einschnitt liegt zwischen 1750 und 1850; in dieser Zeit fallen die vielen kollektiven Bindungen in der Landwirtschaft (Almende, Grundherrschaft, Dorfgemeinde) und im Gewerbe (Zunftvorrechte weichen der Gewerbefreiheit), aber auch im Geistesleben (Aufklärung und Säkularisation). Nach englischem Vorbild setzt sich die lndustrialisierung in Deutschland durch; die neue Schicht der Industriearbeiter findet aber vorläufig noch zu keiner solidarischen wirtschaftlichen und politischen Aktion, sondern bleibt geprägt durch psychologische, soziale und regionale lnstabilität. In den auf die genannten Einschnitte folgenden Phasen werden die Konsequenzen aus den vorausgehenden Veränderungen gezogen und relativ stabile Gleichgewichtslagen innerhalb des kulturellen Zustands der Bevolkerung erreicht.

How to Cite

Hartinger, W., (1984) “Epochen der deutschen Volkskultur.”, Ethnologia Europaea 15(1), 53-92. doi: https://doi.org/10.16995/ee.1417

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Walter Hartinger (Universität Passau)

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